Die Berliner Tafel wurde 1993 ins Leben gerufen, heute gibt es 930 Tafeln in ganz Deutschland. 125.000 Menschen werden monatlich in Berlin mit Lebensmitteln unterstützt. Wir haben mit der Gründerin und Vorsitzenden der Berliner Tafel Sabine Werth über ihre Herausforderungen und die Arbeit für die Berliner Tafel, aber auch den Mehrwert für die spendenden Unternehmen gesprochen.

Kurzvita Sabine Werth:

Sabine Werth von der Berliner Tafel e.V.Die gebürtige Berlinerin Sabine Werth gründete 1993 die Berliner Tafel Der schnell wachsende Verein finanziert sich bis heute durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und ehrenamtliches Engagement und verzichtet bewusst auf staatliche Unterstützung. Sabine Werth wurde für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. Neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorsitzende der Berliner Tafel leitet sie einen privaten Familienpflegebetrieb.

Berlin Recycling (BR): Was macht die Berliner Tafel e.V.?

Sabine Werth (SW): Die Berliner Tafel ist 1993 angetreten, um der Verschwendung von Lebensmitteln den Kampf anzusagen und das ist auch heute noch unsere Aufgabe. Dazu nehmen wir nicht verkaufte Ware von großen Händlern, zum Beispiel großen Supermarktketten, ab. Mit diesen Lebensmitteln unterstützen wir Bedürftige. Es ist wichtig zu betonen, dass wir einkommensschwache Menschen unterstützen wollen. Es geht nicht darum, sie zu versorgen. Das ist die Aufgabe des Staates.

BR: Wie schätzen Sie heute den Stellenwert der Tafel für die Berliner ein?

SW: Am Anfang war vor allem Überzeugungsarbeit zu leisten. Mittlerweile hat sich die Berliner Tafel als Marke etabliert, mit der viele Unternehmen zusammenarbeiten möchten. Während wir früher ausschließlich einkommensschwache Menschen unterstützt haben, vermitteln wir seit April 2010 nun auch Kindern mit unserer KIMBA-Initiative den richtigen Umgang mit Lebensmitteln.

BR: Wie sieht die KIMBA-Initiative konkret aus?

KIMBA Initiative der Berliner Tafel e.V.SW: Wir haben einen Doppeldeckerbus zu einer mobilen Küche umgebaut, in der wir mit den Kindern kochen können. Gerade für Kinder, die zuhause wenig Kontakt mit frischen Nahrungsmitteln haben, ist das immer ein großartiges Erlebnis. Außerdem lernen sie dabei, die Qualität von Lebensmitteln über Geruch, Aussehen und Geschmack einzuschätzen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum brauchen sie dafür dann oft nicht mehr. Durch diese Initiative unterstreichen wir noch mehr als zu Beginn, dass wir uns gegen die Verschwendung von Lebensmitteln in Berlin einsetzen. Diese Werte wollen wir auch an die zukünftige Generation weitergeben.

BR: Wie viele Lebensmittel verteilen Sie denn jeden Monat?

SW: Wir sammeln monatlich etwa 800 Tonnen an Lebensmitteln von den Firmen ein, von denen 650 Tonnen an soziale Einrichtungen und unsere Ausgabestellen verteilt werden. Der Rest ist Biomüll.

BR: Welche Lebensmittel nehmen Sie überhaupt an?

Lebensmittel sortieren bei der Berliner TafelSW: Wir nehmen alle Arten von Lebensmitteln an. Dabei gelten grundsätzlich die gleichen Standards wie bei Supermärkten.

BR: Wie stellen Sie das sicher?

SW: Wir haben einen Hygieniker, der den Transport und die Lagerung überwacht.

In unseren Lieferwagen kann in Echtzeit registriert werden, ob die Temperatur im Kühlsystem zu stark steigt oder fällt.

Gegebenenfalls wird bei unserem Hygieniker dann ein Alarm ausgelöst und der Fahrer kann das System überprüfen.

BR: Wie machen Sie potenziellen neuen Kooperationspartnern die Mitarbeit schmackhaft?

Autopatenschaft der Berlin Recycling mit der Berliner Tafel
Autopatenschaft der Berlin Recycling mit der Berliner Tafel

SW: Mittlerweile hat sich die Berliner Tafel einen guten Ruf erarbeitet. Daher sind viele Firmen sehr offen für eine Unterstützung. Unseren Sponsoren bieten wir unter anderem an, auf unseren Autos einen Firmenaufdruck zu tragen. Einer unserer Sprinter trägt zum Beispiel das Logo von Berlin Recycling. Die Autos sind den ganzen Tag in Berlin unterwegs. So machen wir für unsere Sponsoren zusätzlich Werbung.

BR: Für welche Art von Betrieben lohnt sich die Zusammenarbeit besonders?

SW: Für jeden. Für alle Firmen, die uns mit Lebensmitteln versorgen, gibt es natürlich den unmittelbaren Vorteil, weniger Ware wegschmeißen zu müssen. Zwar verdienen die Unternehmen nicht direkt daran, die Ware an uns abzugeben, aber natürlich können sie Kosten bei der Abfallentsorgung sparen. Das gilt letztlich nicht nur für Lebensmittelhersteller, sondern auch für andere Betriebe. 

BR: Was ist Ihnen bei der Zusammenarbeit besonders wichtig?

SW: Dass jede Firma, die uns unterstützen möchte, individuell eingebunden wird. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist auch das Netzwerken, also das Herstellen von Verbindungen untereinander.

BR: Was wünschen Sie sich für die zukünftige Entwicklung der Berliner Tafel?

SW: Ich wünsche mir eine bessere Umverteilung in unserer Gesellschaft. Im Idealfall ist die Berliner Tafel künftig überflüssig, weil die Verteilung von Lebensmitteln nicht mehr notwendig ist. Außerdem ist mir ein allgemeines Umdenken wichtig. Die Hälfte unserer Nahrungsmittel werden in Privathaushalten verschwendet. Das muss sich ändern. Dazu leisten wir unseren Beitrag, zum Beispiel durch die direkte Arbeit mit Kindern.

BR: Frau Werth, herzlichen Dank für das Interview!

Berlin Recycling engagiert sich als Kooperationspartner der Berliner Tafel. Im Februar diesen Jahres haben wir - zeitgleich zum 25. Jubiläum der Berliner Tafel - einen Transporter zur Nutzung für die Aktion "Spende Dein Pfand" übergeben. In diesem Gemeinschaftsprojekt geht es um die Erfassung und das Recyceln einer großen Menge an Pfandflaschen u.a auch auf dem Flughafen Berlin-Tegel, die andernfalls im Müll gelandet wären. Der so generierte Pfanderlös kommt vollständig der Berliner Tafel zugute.

Fahrzeugübergabe an Berliner Tafel e.V. für Aktion 'Spende Dein Pfand'
Fahrzeugübergabe an Berliner Tafel e.V. für Aktion 'Spende Dein Pfand'

 

Die Berliner Tafel als eingetragener Verein freut sich über Unterstützungsangebote und sucht immer nach tatkräftigen Helfern. Auf der Website der Berliner Tafel finden Sie nähere Informationen zur ehrenamtlichen Hilfe, egal ob als Unternehmen oder als Privatperson. Da die Berliner Tafel sich nur durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert, ist sie dankbar für jede Form der finanziellen Hilfe.

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Bildnachweise

© Sabine Werth: Dietmar Gust / Berliner Tafel e.V.

© Bus der KIMBA Initiative: Dietmar Gust / Berliner Tafel e.V.

© Lebensmittel sortieren: Dietmar Gust / Berliner Tafel e.V.