In unserer Interviewreihe Berliner Bessermacher sprechen wir mit Menschen aus Berlin, die mit zukunftsweisenden Konzepten und innovativen Lösungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft eine Veränderung bewirken, für eine lebenswerte Zukunft, auch über die Grenzen unserer Stadt hinaus.
Bitte stelle dich & MEIKO kurz vor.
Ich bin Jan Tewes, gebürtiger Berliner und Market Development Manager bei der MEIKO. Die MEIKO ist ein Traditionsunternehmen aus dem Schwarzwald, mittlerweile seit fast 100 Jahren als erstklassiges Unternehmen für Spül- und Reinigungstechnik sowie Desinfektionstechnologie bekannt.
Seit über 40 Jahren kümmern wir uns auch um das professionelle Speiserestemanagement, da wir diesen Punkt aus professionellen Küchen einfach nicht mehr wegdenken können.
Obwohl MEIKO aus dem Süden Deutschlands stammt, spielt Berlin für uns eine wichtige Rolle. Als größte Stadt Deutschlands hat Berlin das Potenzial, Dinge großflächig gut zu machen.
Meine Rolle in der MEIKO ist die des Market Development Manager für den Bereich der Speisereste. Das bedeutet, dass ich weltweit neue Märkte erschließe. Der letzte Markt, den wir uns beispielsweise angesehen haben, war Japan. Dort habe ich gemeinsam mit den Kollegen vor Ort Marktanalysen durchgeführt, um zu sehen, ob unsere Produkte passen könnten.
Wie läuft so eine Marktrecherche ab?
In einer Marktrecherche prüfen wir die Infrastruktur des Landes z. B. darauf, dass es Biogasanlagen oder Klärwerke gibt, die Speisereste verarbeiten können und darauf, dass Speisereste und Biomüll generell getrennt werden von anderen Müllsorten. Das ist leider in weniger Ländern der Fall als man sich wünschen würde. In Europa kommt man hier jedoch sehr weit.
Auch unser Besuch in Japan war sehr erfolgreich – die Infrastruktur ist ähnlich zu Deutschland und auch die Menschen dort haben ein Bewusstsein für Mülltrennung und die Effizienz von Prozessen.
Gab es auch schon Länder, die auf den ersten Blick Potential hatten, die Marktrecherche dann aber nicht erfolgreich war?
Ja. In asiatischen Ländern, nehmen wir beispielsweise Singapur, gibt es andere Wasser- und Speiseresterichtlinien, wo man sogenannte Digester benutzt, um Sachen zu verflüssigen. Das ist quasi eine Vorstufe zu dem, was wir hier in Deutschland schon bahnbrechend gut machen. Bei Digester werden Speisereste in der Kanalisation entsorgt, das ist in der EU verboten.
Ein weiteres Beispiel sind die USA. Hier fehlt u. a. auch die nötige Biogas-Infrastruktur. In Deutschland haben wir über 10.000 Biogasanlagen und sind damit weltweit führend. Allein in Berlin haben wir 5 kommerzielle Anlagen und die BSR als Stadtreinigung hat eine der größten Deutschlands.
Was macht euch besonders gut, wo liegt eure Superkraft?
Wir denken die Entsorgung der Speisereste, die ja immer anfallen werden, bereits in der Planung der professionellen Spülräume mit, um bekannte Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. In Spülküchen arbeiten Menschen viele Stunden unter anstrengenden Bedingungen – wir möchten unseren Beitrag leisten, diese Arbeit so effizient und benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten.
Wie groß ist eigentlich das Problem „Speisereste" in der heutigen Zeit – und wie trägt MEIKO zur Entlastung von Umwelt und Infrastruktur bei?
Weltweit entstehen 1,3 Milliarden Tonnen Speisereste pro Jahr, diese sind für etwa 7-10% der weltweiten Treibhausemmissionen verantwortlich. Zum Vergleich, das ist ungefähr so viel wie der globale Mobilitätssektor ausmacht.
Wir sensibilisieren die Betriebe, bewerben die Vermeidung von Speiseresten und wollen ein Bewusstsein der allgemeinen Reduzierung entwickeln. Außerdem sorgen wir weltweit dafür, dass Speisereste als Ressource wahrgenommen werden und mit Hilfe unserer Systeme wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt werden. Dabei ist unser Ziel die energetische und stoffliche Verwertung aller Speisereste und Lebensmittelabfälle, idealerweise in Biogasanlagen.
Die Systeme, die wir bauen sind Schreddersysteme, die Speisereste in der Küche verflüssigen und dann in Tanks überführen. Das hat den Vorteil, dass man sehr viel mehr lagern und mehr auf einmal abholen kann. Außerdem ist keine Kühlung mehr nötig. Der Vorteil für die Infrastruktur ist, dass die in Berlin oft überfüllten Straßen deutlich entlastet werden.
Bei einem Hotel ohne eines unserer Systeme, bei dem Speisereste 10- bis 12-mal im Monat abgeholt werden, würde sich durch die Nutzung eines Speiserestemanagements der Zyklus auf eine einzige Abholung im Monat reduzieren.
Was sind die größten Erfolge der MEIKO seit ihrer Gründung?
Seit unserer Gründung sind wir kontinuierlich gewachsen und haben Branchenstandards maßgeblich mitbestimmt, sodass das Speiserestemanagement mittlerweile als integraler Bestandteil von neu geplanten Profiküchen betrachtet wird. Und unsere weit über 1.200 verbauten Speisereste-Sammelsysteme weltweit finden wir auch ganz nett. Viele der Anlagen sind aufgrund der Infrastruktur in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbaut. Es gibt jedoch auch Anlagen in Südkorea, Singapur oder auf Kreuzfahrtschiffen.
Aktuell leiten wir zudem ein Pilotprojekt in Liechtenstein, bei dem Speisereste dezentral verwertet werden sollen, um die gewonnene erneuerbare Energie direkt vor Ort nutzbar zu machen.
Was sind die größten Herausforderungen, die ihr überwinden müsst? Und aus welchem Bereich erwartet ihr gute Lösungen?
Unser größter Konkurrent ist immer noch die Mülltonne und die damit verbundene Abfallstruktur. Wir würden politische Unterstützung sehr begrüßen, um dieses veraltetet System noch schneller durch ein wirtschaftlicheres, effizienteres und nachhaltigeres System zu ersetzen. Es gibt hier bereits kleine Impulse, allerdings wären deutliche Zeichen von großem Vorteil für die langfristige Planung von Betrieben und Gesellschaft.
Was bedeutet der Begriff Nachhaltigkeit für euer Unternehmen oder auch für dich persönlich?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass die Menschheit zur Kreislaufwirtschaft zurückfindet. So entsteht aus unseren Speiseresten Biogas, welches als erneuerbarer Energieträger fungiert, sowie nährstoffreicher Dünger, der die Speisen (und somit auch die Speisereste) von Morgen gedeihen lässt. Man schafft so einen sehr CO₂-armen, erneuerbaren Kreislauf. Alle Maschinen der MEIKO stehen für Langlebigkeit, Reparatur- und Wartungsfreundlichkeit, sowie maximale Recyclingfähigkeit. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen sind wir stiftungsgeführt und somit keinen Investoren, sondern vor allem unserer Belegschaft, verpflichtet. Soziale Verantwortung ist für uns ein genau so wichtiger Teil der Nachhaltigkeit, wie der direkte Einfluss auf die Umwelt.
Ich finde es toll, dass ich durch meine Arbeit einen Teil dazu beitragen kann, die Welt ein Stückchen besser zu machen.
Was wünscht sich die MEIKO von der Entsorgungsbranche – wo siehst du gemeinsame Chancen für die Zukunft?
Wir wünschen uns weiterhin den offenen und konstruktiven Dialog, sowie den verstärkten Ausbau der Saugfahrzeugsflotten. So könnten wir gemeinsam die Entwicklung effizienter Speiseresteverwertung vorantreiben. Hier haben wir auch wieder das Thema Bewusstsein. Sobald wir als Gesellschaft den Wert der Speisereste erkennen, muss es früher oder später die logische Konsequenz sein, unsere bisherigen Systeme neu zu denken. Hier könnte auch die Politik unterstützen und Anreize schaffen, den Fuhrpark von Entsorgungsunternehmen in Richtung Saugfahrzeugflotten umzurüsten.
Eine gemeinsame Chance ist die bessere Verwertung von Speiseresten. Biogasanlagen können aus unserem Material ca. 20 % mehr Biogas erzeugen, da dieses schon vorsortiert und geschreddert ist.
Gibt es ein Beispiel für Nachhaltigkeit in Berlin oder auf der Welt allgemein, welches dich nachhaltig beeindruckt hat?
Als Kind war ich bereits in der Biogasanlage der Berliner Stadtreinigung, welche den Kraftstoff für ca. die Hälfte ihrer Entsorgungsfahrzeuge liefert. Das ist so nah an der Kreislaufwirtschaft wie es nur möglich ist. Heute arbeite ich daran, Biogasanlagen wie diese mit idealem Rohstoff zu versorgen, damit auf unseren Feldern wieder mehr Lebensmittel und weniger Energiepflanzen angebaut werden können.
Stichwort Berlin: Was macht Berlin für dich zu einer lebenswerten Stadt und siehst du noch Potentiale zum Bessermachen?
Berlin ist meine Heimat und ich sehe so gern, wie viele Initiativen das Bild der Stadt nachhaltig verändern. Moderne Fahrradwege, verkehrsberuhigte Zonen, und die aufwendige Pflege unserer Parkanlagen – alles sehr positive Zeichen!
Was kann man besser machen? Das Image der Stadt sollte besser werden bzgl. des Respekts den Berliner ihrer Stadt entgegenbringen. Berlin ist wunderschön, aber an vielen Stellen sieht man, dass die Berliner mit der Stadt einfach nicht gut umgehen – wenn z. B. Müll einfach nicht richtig entsorgt wird.
Abfall ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die es uns immer wieder aufs Neue ermöglicht, mit kreativen Problemlösungen über uns hinauszuwachsen. Wenn die Bürger Berlins stolz darauf sein können, wie ihre Abfälle wertschöpfend weiterverarbeitet werden, hat das Strahlwirkung in alle großen Städte dieser Welt. Darüber würden sich auch unsere Firmengründer freuen, deren Vision es schon vor fast 100 Jahren war „die Welt sauberer zu machen“.