In „Berliner Bessermacher" sprechen wir mit Berliner Unternehmen und Unternehmern darüber, wie nachhaltiges Wirtschaften in der Region aussehen kann. Malte Glatthaar ist Gründer von Swarmlab und berät Unternehmen zur nachhaltigen Bepflanzung von Immobilien, Quartieren und Unternehmensflächen.
BR: Hallo Malte, stelle dich doch bitte einmal vor.
Malte Glatthaar (MG): Hallo, ich bin Malte Glatthaar und habe gemeinsam mit meinem Freund Moritz Lohmann das Unternehmen Swarmlab gegründet.
BR: Was gefällt dir am meisten an Berlin?
MG: Mir gefällt die Vielfalt an Menschen, Kulturen und Angeboten am meisten. Da ich mich schon immer viel im Ausland aufgehalten hatte, war ich von der Internationalität Berlins sehr angetan. Hier kommt man mit vielen unterschiedlichen und interessanten Menschen ins Gespräch.
BR: Wie sieht dein akademischer Hintergrund aus?
MG: Ich habe zunächst International Communications in den Niederlanden studiert und im Anschluss einen Master in Sustainability, Economics and Management an der Uni Oldenburg abgeschlossen. Nach einer kurzen Beratertätigkeit habe ich bei einer großen Imkerei angefangen. In dieser Zeit kam das Thema Insektensterben auf und war auch in den Medien sehr präsent. Ich habe mich in diesen Themenbereich immer mehr eingearbeitet und mich darauf fokussiert. Obwohl hierüber aktuell in den Medien nicht mehr viel gesprochen wird, ist es weiterhin brandaktuell. Rund 50% der Wildbienenarten sind gefährdet, obwohl sie für die Bestäubung und somit für unsere Lebensmittelversorgung essentiell sind. Verursacht wird das vor allem durch unsere Landwirtschaft, bei der große Flächen mit einzelnen Pflanzenarten bewirtschaftet werden. Hinzu kommen Herbizide, Pestizide und Düngemittel, welche die Umwelt belasten. Diese Erkenntnis hat mich für meinen weiteren Arbeitsweg stark geprägt.
BR: Beschreibe bitte das Unternehmen Swarmlab in aller Kürze.
MG: Swarmlab ist ein ESG-Dienstleister aus Berlin. Wir helfen Unternehmen dabei, ein Biodiversitäts-Management aufzubauen und in der Unternehmenskultur zu verankern. Wir erstellen also Konzepte für Unternehmen zur Begrünung und ökologisch sinnvollen Aufbereitung einzelner Immobilien und Bürokomplexe. Unser Fokus liegt darauf, durch Biodiversität einen positiven Effekt auf die lokale Flora und Fauna zu erwirken. Das erreichen wir unter anderem mit dem Anbau heimischer Pflanzenarten, die ökologischen sinnvoll sind.
Besonders wichtig ist uns hierbei die Artenvielfalt und Wiederherstellung natürlicher Lebensräume. Heutzutage ist es Mode, Liegewiesen oder besonders farbenfrohe und exotische Pflanzen anzubauen, die aber für heimische Tiere und Insekten ungeeignet sind. Das Ergebnis sind letztendlich „tote“ Flächen, die hübsch anzusehen sind, aber wenig ökologischen Mehrwert bieten.
Zusätzlich möchten wir Bewusstsein schaffen und Menschen ein Stück weit mit der Natur in Kontakt bringen. Hierfür halten wir Workshops, um den Nachhaltigkeitsgedanken auch in der Belegschaft zu etablieren. Wir sind überzeugt, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen effektiver sind, wenn alle involviert sind und sich dafür einsetzen.
BR: Wie seid ihr auf die Idee für Swarmlab gekommen?
MG: Ich habe mit Moritz zeitweise in einer WG gelebt und am Küchentisch über Möglichkeiten für eine Firmengründung philosophiert. Schließlich kamen wir auf das Thema Insektensterben und Flächenversiegelung. Uns fiel auf, dass viele innerstädtische Flächen mit Potenzial zu Unternehmen gehören und bisher auf konventionelle Art gepflegt werden. Würden diese Flächen ökologisch sinnvoll bewirtschaftet, könnte das sowohl Unternehmen bei ihrer Nachhaltigkeitsstrategie, als auch der Natur helfen. Diese Überlegungen lieferten den Startschuss für die Gründung von Swarmlab.
Während meiner Zeit als Imker knüpfte ich zudem Kontakte zu Siemens, da sie Bienenstöcke auf dem Unternehmenscampus unterhielten. Als ich ihnen meine Idee erzählte, waren sie begeistert und wurden direkt unser erster Kunde.
BR: Wie wirken sich eure Maßnahmen konkret aus?
MG: Zunächst einmal kehrt ein Stück Natur in die Umgebung zurück. Neue Vögel siedeln sich an und das generelle Klima der Umgebung wird auch an heißen Tagen deutlich angenehmer. Im Gegensatz zum konventionellen Rasen wird bei naturnahen Flächen nämlich mehr Wasser gespeichert und es verdunstet langsamer, wodurch die Umgebungstemperatur sinkt. Zusätzlich erhalten die für uns so wichtigen Insekten einen neuen Lebensraum.
Es ist auch immer wieder interessant zu sehen, wie die Belegschaft reagiert. Nach Umsetzung unserer Konzepte und Workshops berichten uns regelmäßig Mitarbeitende, dass sie sich beim Besuch der Grünflächen in ihre Kindheit versetzt fühlen und bauen eine emotionale Bindung zu den Flächen auf. Wir sind überzeugt, dass die Ansiedlung heimischer Pflanzen Ästhetik, Wohlbefinden und Umwelt unter einen Hut bringen kann und somit einen deutlich höheren Mehrwert liefert als ein gängiger Rasen.
BR: Welche positiven Effekte haben eure Maßnahmen auf einzelne Immobilien?
MG: Durch Begrünung von Dächern und Fassaden lässt sich auch innerhalb einzelner Immobilien ein Kühlungseffekt nachweisen und auch die Umgebungstemperatur wird gesenkt. Leider hat vor allem die Fassadenbegrünung einen schlechteren Ruf als sie verdient, da fälschlicherweise geglaubt wird, dass die Außenfassade hierdurch substanziellen Schaden nimmt.
Für Immobilienunternehmen ist außerdem interessant, dass unsere Maßnahmen für Nachhaltigkeitszertifizierungen wie DGNB oder LEED in Betracht gezogen werden. Auch für aktuelle CSR-Reportings sind sie relevant. Hierzu begleiten wir unsere Kunden beratend und liefern Zahlen, Daten und Fakten.
BR: Wie läuft der Prozess für einen Neukunden ab?
MG: An erster Stelle steht, die individuellen Ziele des Kunden herauszufinden und hieraus eine Strategie zu erstellen. Im Anschluss begehen wir das Grundstück, um die Potenziale des Standortes festzustellen. Wir begutachten auch die nähere Umgebung, um herauszufinden, welche Biotope sich rundherum befinden und welche Maßnahmen sich in die lokalen Gegebenheiten einfügen. Aus den Ergebnissen erstellen wir ein individuelles Konzept, das auf die Erreichung der Ziele zugeschnitten ist und sich nahtlos in die Region einfügt. Je nach Bedarf folgen dann Workshops mit den Mitarbeitenden, bei denen ihnen der Hintergrund zu den Maßnahmen vorgestellt wird und sie auch selber das Einpflanzen testen können. Nach Umsetzung des Gesamtkonzeptes richten wir gegebenenfalls auch ein Software-System zur Überwachung und Pflege der Flächen ein. Gerne sind wir langfristig beratend tätig und begleiten unsere Kunden auf ihrer Reise.
BR: Würde man das Ausmaß des Klimawandels mit einer Uhr messen, wie spät wäre es dann?
MG: Ich denke, es ist 12:00 Uhr. Jetzt ist die Dekade, wo wir noch handlungsfähig sind, der Kipppunkt ist allerdings in einigen Jahren erreicht.
BR: Bekommen wir es trotzdem hin?
MG: Es sieht derzeit nicht danach aus, aber ich bin unverbesserlicher Optimist. Derzeit fahren wir auf die Klippe zu und haben noch nicht ans Bremsen gedacht, aber wir müssen jetzt die Kurve kriegen.
Vielen Dank für das spannende Interview, Malte.
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