Höher, schneller, weiter: Unser Alltag ist immer mehr davon bestimmt, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Das Ergebnis: So mobil wie heutzutage waren wir noch nie. Dafür stehen uns eine Vielzahl an Fortbewegungsmitteln zur Auswahl. Unter der Schnelligkeit und Bequemlichkeit leidet aber oftmals die Umwelt. Autos, LKWs und Flugzeuge sind keine grünen Vorbilder. Wie können wir also in Zukunft weiterhin mobil sein, ohne dass dies auf Kosten der Umwelt geschieht? Wir stellen Ihnen vier Beispiele für sanfte Mobilität vor, die vor allem in einer Großstadt wie Berlin dafür sorgen (sollen), dass wir grüner und gesünder auf zwei und vier Rädern – oder sogar in der Luft – unterwegs sind.
Sanfte Mobilität – die Zukunft des Stadtverkehrs?
Auf der ganzen Welt steigt das Umweltbewusstsein und immer mehr Aspekte unserer Gesellschaft werden grüner und umweltfreundlicher gestaltet. Aber wie sieht es eigentlich mit der persönlichen und innerstädtischen Mobilität aus? Diese ist ja gerade für uns Deutsche als Land der Automobilindustrie besonders wichtig. Das Zauberwort hierfür lautet „sanfte Mobilität“. Dieser Begriff beschreibt persönliche Fortbewegungsmittel und Konzepte, die sich positiv auf unsere Umwelt auswirken und die Verkehrswende vorantreiben sollen. Damit einher gehen die Verringerung von Emissionen und Feinstaub zur Verbesserung des Stadtlebens.
Infografik: Umweltbelastungen durch Verkehr
Um trotz des steigenden Personen- und Güterverkehrs die Umwelt langfristig zu entlasten, hat die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzplan festgelegt, dass die Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich bis zum Jahr 2030 von 160 Millionen Tonnen CO2 auf 95-98 Millionen Tonnen abgesenkt werden sollen. Ein ehrgeiziges Ziel, das nur durch eine Vielzahl an Maßnahmen sowie die Unterstützung eines jeden Einzelnen ermöglicht werden kann. Um für einen umweltfreundlicheren Alltagsverkehr zu sorgen, leisten u.a. die folgenden vier Maßnahmen und Ideen einen Beitrag zum nachhaltigen Verkehr:
Radbahn Berlin – Die Expressverbindung durch die Stadt
Das Fahrrad als nachhaltiges Fortbewegungsmittel ist an sich nichts Neues. Die Radbahn in Berlin jedoch schon. Ziel des Projektes ist es, einen zusammenhängenden Schnellfahrradweg vom U-Bahnhof Zoologischer Garten bis zur Warschauer Straße zu schaffen. Dafür sollen die wenig genutzten Mittelinseln zu einem Fahrradweg umfunktioniert werden. Eine Besonderheit: Ab dem Nollendorfplatz im Berliner Ortsteil Schöneberg soll ein Großteil der Strecke durch die U-Bahnbrücken überdacht sein. So können Radfahrer selbst im strömenden Regen geschützt, stressfrei und schnell die Stadt auf zwei Rädern erkunden. Ins Leben gerufen wurde diese Idee von dem gemeinnützigen Verein Paper Planes e.V., der vom Bund sowie dem Land Berlin mit 3,3 Millionen Euro gefördert wird.
Ein Testballon der neuen Radstrecke soll bereits im Frühjahr 2021 eröffnet werden. Hierfür wird eine Strecke von 200 Metern in der Nähe des Görlitzer Bahnhofs mit einem Reparaturladen, Fahrradverleih, Café und Fahrradampeln eingeweiht. Wir sind gespannt, inwiefern das Projekt Radbahn Berlin sowie die autofreie Friedrichsstraße in den kommenden Monaten von der Bevölkerung genutzt werden und berichten im Anschluss hier auf unserem Blog!
Mit dem Fahrrad-Abo zum Großstadt-Radler werden
Um grüner und gesünder in der Stadt zu leben, hat der Verleih von Fahrrädern bereits großen Anklang in der Bevölkerung gefunden. Neben der Vielzahl an Bike-Sharing-Anbietern, die das schnelle, flexible Ausleihen eines Rades mittels App-Miete ermöglichen, gibt es in Großstädten wie Berlin nun noch eine weitere Möglichkeit, um zum Fahrradbesitzer zu werden: Dank des Fahrrads im Abo, das immer funktionstüchtig ist. Dahinter verbirgt sich die Idee des Anbieters Swapfiets, der seit 2018 in deutschen Großstädten vertreten ist.
Hierfür stehen den umweltbewussten Städtern verschiedene Fahrradmodelle zur Verfügung – ob vom einfachen Hollandrad bis zum luxuriösen E-Bike mit sieben Gängen. Der Clou: Während man für den Wunsch des eigenen Rades oftmals tief in die Tasche greifen muss, kann man bei Swapfiets bereits ab 16 Euro im Monat zum bequemen Fahrradbesitzer werden. Neben den niedrigen Anschaffungskosten im Abo ist ein weiteres Highlight das Service-Paket des Anbieters. Denn sollte das Rad einmal kaputt gehen, kann dies rasch über die eigene App gemeldet werden. Dann wird das Rad innerhalb von 24 Stunden von einem Techniker repariert. Bei größeren Reparaturen wird den Abonnenten auch ein neues Fahrrad zur Verfügung gestellt.
Ganz wie beim Auto-Leasing kann das Rad dann nach der Nutzungszeit einfach wieder beim Hersteller abgegeben werden und nach einer Aufbereitung seinem nächsten Besitzer treu zur Seite stehen. So können Radfans zu eigenen Fahrrad-Besitzern werden, ohne viel Geld für den Kauf oder Reparaturen zahlen zu müssen. Das schont nicht nur das Portemonnaie – sondern auch die Umwelt.
Mit der urbanen Seilbahn den Großstadtdschungel erkunden
Die Seilbahn kennen wir bislang noch als bequeme Transportmöglichkeit für Wanderer oder Wintersportfans in Bergregionen. Künftig könnte uns das Fortbewegungsmittel aber auch im Alltag immer häufiger begegnen, denn innerstädtische Seilbahnen gewinnen an Fahrt. Sie versprechen nicht nur Touristen einen tollen Ausblick auf die Stadt, sondern ermöglichen einen staufreien, schnellen Transport. So zum Beispiel in La Paz in Bolivien. Hier kommen die Bürger mit der Seilbahn bis zu 22 Prozent schneller ans Ziel als mit dem Auto.
Um von diesen Vorteilen zu profitieren, ist seit 2019 auch eine innerstädtische Seilbahn in Berlin im Gespräch. Die Idee ist, Außenbezirke reibungslos an den Rest der Stadt anzubinden, ohne das bereits vorhandene Straßennetz zu überlasten. Als zusätzlicher Pluspunkt für das schwebende Fortbewegungsmittel zählt, dass beim Transport keine Emissionen entstehen.
In einer Großstadt wie Berlin, für die es aufgrund der dichten Straßen- und Häuserbebauung kaum noch freien Platz für neue Straßen oder Schienen gibt, ist die Seilbahn ein ideales Beispiel für sanfte Mobilität. Für eine mögliche Umsetzung wird aktuell diskutiert, ob die BVG Betreiber einer Berliner Seilbahn sein könnte und Monatskartenbesitzer schon bald auch in der Luft vergünstigt fahren dürfen. Dafür könnte als erste Teilstrecke die Seilbahn in Marzahn, die 2017 im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung eröffnet wurde, in den öffentlichen Nahverkehr integriert werden.
Ono – Zur Entlastung des Lieferverkehrs
Neben der privaten oder beruflich bedingten Mobilität entfällt ein Großteil der Emissionen im Großstadtraum auch auf den innerstädtischen Logistikverkehr. Schließlich wird jeder Apfel im Supermarkt mit LKWs und jedes online bestellte Paket von Boten in Lieferwägen angeliefert. Um den Lieferverkehr in der Stadt in Zukunft sauberer und sicherer zu gestalten, hat das Berliner Start-up ONO ein neues, emissionsfreies Fahrzeug entwickelt. Das futuristisch aussehende Fahrzeug auf zwei Rädern ist ein Hybrid aus Elektrofahrrad und Auto, das die letzten Meter in der Warentransportkette mit Elektroantrieb emissionsfrei bewältigen will. Das Besondere am Ono-Bike ist, dass der Fahrer den äußeren Einflüssen nicht wie auf einem Fahrrad ausgesetzt ist, sondern komfortabel in einer Kabine Platz nehmen kann. Die zu transportierenden Waren werden in einem separaten Cargo-Anhänger verstaut, der über eine integrierte Laderampe rasch ausgetauscht werden kann. Bis zu 300 Kilogramm kann das Cargo-Bike so ziehen und sogar von Personen ohne Führerschein geführt werden.
Fazit: Sanfte Mobilität bringt neuen, nachhaltigen Schwung in unsere Fortbewegung
Kombiniert man diese vier Ideen für sanfte Mobilität mit neuen Ideen für nachhaltiges Reisen und weiteren Konzepten für ein nachhaltiges Leben in einer Großstadt, besteht eine gute Chance, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. In Berlin scheint das Auto bereits langsam zum Auslaufmodell zu werden. Denn immer mehr junge Menschen in der Hauptstadt legen keinen Wert mehr darauf, ein eigenes Auto zu besitzen. Sie leben lieber umweltbewusst und nutzen das bereits vorhandene, öffentliche Verkehrsnetz oder die eigene Muskelkraft, um die Stadt zu erkunden. Wir beobachten mit Spannung, welche neuen, alternativen Fortbewegungsmittel diesen Trend in Zukunft unterstützen und ob für ein besseres Stadtleben und eine saubere Luft der Verbrennungsmotor bald zu den antiquierten Technologien gehört.
Bildnachweise
© Vorschau- und Header-Bild: Heiko Küverling / stock.adobe.com
© Infografik Umweltbelastungen durch Verkehr: Umweltbundesamt / umweltbundesamt.de
© Radbahn Berlin: paper planes e.V. / radbahn.berlin
© Fahrrad: Swapfiets / swapfiets.de
© Seilbahn: Stephan Laude / stock.adobe.com
© Ono-Fahrzeug: Tretbox GmbH / onomotion.com