Müll ist nicht gleich Müll. Was für den einen Abfall ist, kann ein anderer wunderbar verwenden. Das wissen nicht nur Verwerter von Altkleidern und Flohmarktbesucher. Immer mehr Unternehmen stellen aus Abfall neue Produkte her oder bauen sogar mit Müll. Auch jeder Einzelne kann Glas, Papier und andere Materialien weiterverwenden und damit die eigenen vier Wände verschönern. Ob man es nun Abfall oder recycelter Baustoff nennen möchte – wir zeigen Ihnen, was man alles damit machen kann.

Recycling-Immobilien: Häuser bauen mit Müll

Ein Sprichwort darüber, wie man mit Hindernissen umgehen kann, geht so: Aus den Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen. Im weitesten Sinne trifft das auch auf das Bauen mit Müll zu: Aus den Materialien, die in den Müllcontainer gelegt oder zumindest aussortiert werden, lässt sich ebenfalls etwas Schönes bauen – und etwas Umweltfreundliches. Denn die herkömmliche Bauindustrie ist für 60 Prozent des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich. Ökologisches Bauen oder bauen mit Müll erspart dem Planeten also einige Belastung. Auch in Deutschland gibt es Häuser, die aus Abfallprodukten errichtet sind.

Das Earthship-Haus in Schloss Tempelhof

Earthship HausDer amerikanische Architekt Michael Reynolds ist ein Pionier, wenn es um das Bauen mit Müll geht. Mit den Earthships hat er autarke Häuser entwickelt, die komplett aus Abfallprodukten bestehen. Wände und Isolierung werden etwa aus alten Autoreifen gebaut, die mit Sand aufgefüllt werden. Zur Wasserversorgung nutzen die Bewohner Regenwasser, die Energie stammt von Sonne und Wind. Reynolds Unternehmen Biotecture verkauft Pläne, mit denen man sich selbst Häuser aus Müll bauen kann. Dadurch gibt es weltweit bereits rund 1.000 Earthships.

Eines davon steht in dem Ort Schloss Tempelhof im Landkreis Schwäbisch Hall. Es fungiert als Gemeinschaftshaus einer genossenschaftlich organisierten Dorfgemeinschaft. Bis Earthship-Häuser das klassische Fertighaus als Standard-Wohnform deutscher Familien ablösen, dürfte aber noch viel Wasser die Regenrinne hinabfließen. Aufgrund der baurechtlichen Vorschriften konnte die Gemeinschaft kein Original-Earthship bauen. Sie mussten das Haus unter anderem an die öffentliche Wasser- und Abwasserversorgung anschließen.

Recycling-Haus Kronsberg

Vor ähnlichen Herausforderungen beim Bauen mit Müll standen das Architekturbüro Cityförster und das Bauunternehmen Gundlach, die im Stadtteil Kronsberg in Hannover ein Recycling-Haus errichten wollten. Auch hier was das Ziel, ein komplettes Haus aus Abfallprodukten zu bauen – und auch hier sorgte das Baurecht – das grundsätzlich natürlich sinnvoll ist –, dafür, dass das nicht möglich war. Immerhin: Die Hälfte der Baustoffe sind recycelte Materialien. Wird das Haus nicht mehr gebraucht, können die Bauteile ohne Qualitätsverlust und Schadstoffausstoß abgebaut und wiederverwendet werden. Dieses Prinzip wird auch als Cradle-to-Cradle bezeichnet.

CRCLR-Haus in Berlin Kreuzberg

CRCLR HausDas CRCLR-Haus beherbergt ein Zentrum der zirkulären Wirtschaft und ist selbst ein Beispiel dafür. Zirkuläre Wirtschaft steht für die Idee oder das Ziel, dass alles immer weiterverwertet und nichts weggeworfen wird. Der Coworking-Space des CRCLR-Hauses etwa ist in das Gebäude einer alten Brauerei eingezogen. Die komplette Innenausstattung, unter anderem die Abtrennung der Räume, wurde aus Müll gebaut. Erlaubt waren nur Materialien, die schon einmal verwendet worden waren. Und auch zu einem späteren Zeitpunkt können alle Bauteile bei Bedarf wieder abgebaut und anderweitig verbaut werden.

Lese-Tipp: Auch Gebäude mit (vertikalen) Grünflächen tragen einen großen Teil dazu bei, den Planeten zu schützen. Wie man nachhaltig Wohnen, Leben und Arbeiten kann, zeigen Ihnen unsere Beispiele für grüne Architektur aus aller Welt.


Produzieren mit Müll: Möbel und Gebrauchsgegenstände aus Abfall

Das Potenzial von Abfall als Rohstoff erkennen auch immer mehr Hersteller von Gebrauchsgegenständen. Unternehmen im In- und Ausland verarbeiten Plastik-, Stoff- oder Lebensmittelabfälle und schaffen daraus neue Dinge. Mode, Geschirr oder Möbel, gebaut aus Müll, sind schon lange nichts mehr nur für Öko-Hippies – es sind auch hochwertige Designerstücke dabei.

In Deutschland produzieren etwa diese fünf Unternehmen mit Müll:

Tasse von KaffeeformKaffeeform aus Berlin: Das Unternehmen aus der Hauptstadt stellt aus einem Gemisch aus Kaffeesatz und anderen natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen Kaffeetassen und To-go-Becher her. Produziert wird das Geschirr in Deutschland, das Unternehmen arbeitet dabei auch mit sozialen Projekten zusammen.

Wiederbelebt aus Stuttgart: Upcycling-Mode Made in Germany bietet das Unternehmen aus Baden-Württemberg. Das Team kauft Stoffe, Knöpfe und Reißverschlüsse auf, die in der konventionellen Modeindustrie als Abfall anfallen sowie Secondhand-Kleidung — und schneidert daraus neue Kleidungsstücke. Damit diese möglichst lange tragbar sind, achtet Wiederbelebt auf zeitlose Designs.

Kurzzug aus München: Wir bleiben in Süddeutschland, gehen aber in die bayerische Landeshauptstadt: Das Münchner Unternehmen Kurzzug verarbeitet alte Bezüge von U-Bahn-Sitzen der Münchner Verkehrsgesellschaft zu Designertaschen. Genäht werden sie in Italien.

Regal aus Pappekultbag aus Berlin: Das Berliner Unternehmen kultbag stellt ebenfalls Taschen (und Geldbörsen) her, greift dafür aber auf LKW-Planen, Luftmatratzen und anderes Plastikmaterial zurück. Produziert wird hierzulande in Handarbeit, jedes Stück ist ein Unikat.

Room in a box aus Berlin: Seit 2013 stellt dieses Unternehmen Möbel aus Pappe her. Sie bestehen zu einem Großteil aus recyceltem Material. Wird das Möbelstück nicht mehr genutzt, kann es problemlos recycelt werden. Für jedes verkaufte Produkt pflanzt Room in a box nach eigenen Angaben außerdem einen Baum.

Lese-Tipp: Weitere umweltbewusste Unternehmen und Produkte stellen wir Ihnen in unserem Artikel „grüne Startups, deren nachhaltige Produkte und Innovationen Sie kennen sollten“ vor.


Basteln mit Müll: Mit Abfallprodukten die Wohnung verschönern

Regal aus WeinkistenWer schon einmal in einem Bastelladen war, der weiß: Bastelmaterialien können ganz schön teuer sein. Warum nicht mal auf Dinge zurückgreifen, die man sowieso zuhause hat? Was normalerweise in den Glascontainer, die Papiertonne oder den Hausmüll wandern würde, kann eine vielseitige Grundlage für Bastelspaß abgeben. Selbstgebasteltes aus Müll ist nicht nur günstig, sondern auch individuell. Alte Dinge zu verwenden, um etwas Neues, Schöneres zu bauen bezeichnet man auch als Upcycling.

Wir haben hier ein paar Vorschläge, was Sie aus Müll bauen können:

  • Dekoschalen aus Pappmaché

Mit Pappmaché zu basteln macht auch Kindern Spaß.

  • Kleine Hängeregale aus alten Kartons

Mehr Aufbewahrungsmöglichkeiten machen es leichter, die Wohnung in Ordnung zu halten.

  • Lampen aus Flaschen oder Einmachgläsern

Lampen aus FlaschenSie sind auch draußen ein Blickfang.

  • Untersetzer oder Pinnwand aus alten Korken

Die Korken lassen sich übrigens besser verarbeiten, wenn man sie vorher abkocht.

  • Vasen aus Flaschen und Dosen, verziert mit Serviettentechnik

Blumenvasen kann man nie genug haben.

  • Lampenschirme aus Plastikeimer und Stoff

Damit kann ein alter Plastikeimer der Star im Wohnzimmer werden.

  • Lichterkette oder Mobile aus Eierkartons

Papier UpcyclingDie kleinen Mulden, in denen die Eier verpackt sind, machen sich bunt angemalt und aufgehängt wunderbar in der Wohnung.

Auf Plastikeimerchen kann man getrost verzichten.

 

Lese-Tipp: Weitere Ideen, wie Sie alten Papieren und Gläsern neues Leben einhauchen können, stellen wir Ihnen in unserem Upcycling-Blogbeitrag vor.

Fazit:

Basteln, produzieren oder bauen mit Müll sind tolle Möglichkeiten, die Umwelt zu schützen. Und am Ende kann man ein individuelles Accessoire, Produkt oder Haus sein Eigen nennen. Würden Sie in ein Müllhaus einziehen? Kaufen Sie auch Produkte, die aus Abfall hergestellt sind? Oder haben Sie weitere Ideen, was man mit dem Müll basteln kann? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar und erzählen Sie uns mehr davon

 

Bildnachweise:

© Vorschau- und Header-Bild: Alrandir / stock.adobe.com

© Earthship-Haus: Peg Owens/ stock.adobe.com

© CRCLR-Haus: Alexander Mercutio / alexandersteffens.de

© Tasse von Kaffeeform: Copyright Images Kaffeeform

© Regal aus Pappe: Room in a Box/ roominabox.de

© Regal aus Weinkisten: Photographee.eu/ stock.adobe.com

© Lampen aus Flaschen: Marius GODOI / stock.adobe.com

© Papier Upcycling: Lynda Disher / stock.adobe.com