Ob Bauwirtschaft, Textil- oder Lebensmittelindustrie: Der Fokus auf Nachhaltigkeit beeinflusst hierzulande inzwischen das Tagesgeschäft in allen Branchen. Nachhaltiges und ressourcenschonendes Arbeiten gehören für Unternehmen laut dem Magazin Forbes sogar zu den zehn wichtigsten Voraussetzungen der kommenden Jahre. Doch auf welche Bereiche sollten sich Unternehmen fokussieren, um tatsächlich nachhaltig zu agieren?

Auf diese Frage soll das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit Antworten liefern. Dem Modell zufolge lässt sich Nachhaltigkeit nicht allein über Umweltschutz definieren, sondern umfasst ökologische, ökonomische und soziale Aspekte. Wie Unternehmen das Modell in der Praxis nutzen können, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

Was sind die drei Säulen der Nachhaltigkeit?

Das Drei-Säulen-Modell, das oft auch als Dreieck dargestellt wird, soll eine eindeutige Definition für nachhaltiges Handeln liefern und umfasst konkret folgende Faktoren:

Drei-Säulen-Modell der NachhaltigkeitÖkologie: Ökologische Nachhaltigkeit beschreibt alle Aspekte, die im allgemeinen Sprachgebrauch als nachhaltig empfunden werden. Das beinhaltet, Umwelt und Natur zu schützen, die Artenvielfalt zu erhalten, natürliche Ressourcen zu schonen und Emissionen so gering wie möglich zu halten.

Ökonomie: Ökonomisch nachhaltige Unternehmen setzen auf zukunftsfähige Geschäftsmodelle, investieren Gewinne in moderne Technologien und die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Sie fördern Maßnahmen, die den langfristigen Erhalt des Geschäftes sichern, statt durch Raubbau an Natur und Mensch kurzfristig ihre Gewinne zu maximieren.

Soziales: Bei sozialer Nachhaltigkeit stehen die Würde des Menschen und die freie Entfaltung der Persönlichkeit im Vordergrund. Ziel ist, allen an der Produktionskette beteiligten Menschen die Existenzsicherung durch ihre Arbeit zu ermöglichen. Dazu gehört, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair zu bezahlen, ihre berufliche Entwicklung zu fördern und ihre Interessen zu wahren. Auch die Chancengleichheit und Gleichberechtigung der Geschlechter zählen zu sozialer Nachhaltigkeit.

Drei-Säulen-Modell als internationaler Standard für Nachhaltigkeit

Ökologie, Ökonomie und Soziales sind dabei gleichrangig zu bewerten. Unternehmen müssen also Aspekte aller Dimensionen erfüllen, um als nachhaltig zu gelten.

Ein Beispiel: Eine Zero-Waste-Bio-Bäckerei, die mit Zulieferern aus der Region zusammenarbeitet, aber ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unterdurchschnittlich bezahlt oder die Bildung eines Betriebsrates verhindert, würde nach dem Drei-Säulen-Modell nicht als nachhaltig gelten.

Herkunft des Nachhaltigkeitsmodells

Hand mit ESG für NachhaltigkeitDas Drei-Säulen-Modell wurde bereits in den 1990er Jahren entwickelt und konnte sich inzwischen sowohl in der Geschäftswelt als auch in der internationalen Politik als Standarddefinition für Nachhaltigkeit etablieren. Aktuelle ESG-Richtlinien der EU für nachhaltige Investments und die zehn Prinzipien des UN Global Compact gehen auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit zurück.

Der UN Global Compact ist eine Initiative der Vereinten Nationen, die die Folgen der Globalisierung für bisher benachteiligte Länder gerechter gestalten möchte. Die teilnehmenden Unternehmen bekennen sich dabei unter anderem zur Einhaltung folgender Prinzipien:

Unternehmen sollen:

  1. den Schutz der internationalen Menschenrechte unterstützen und achten.
  2. sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.
  3. die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren.
  4. für die Beseitigung aller Formen von Zwangsarbeit eintreten.
  5. für die Abschaffung von Kinderarbeit eintreten.
  6. für die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Erwerbstätigkeit eintreten.
  7. im Umgang mit Umweltproblemen dem Vorsorgeprinzip folgen.
  8. Initiativen ergreifen, die das Umweltbewusstsein fördern.
  9. die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien beschleunigen.
  10. gegen alle Arten von Korruption vorgehen.

Beitreten können alle Unternehmen, die weder von der UN sanktioniert, noch an Geschäften mit Tabak oder umstrittenen Waffen beteiligt sind. Bisher sind 21.000 Unternehmen aus der ganzen Welt dabei und berichten jedes Jahr ausführlich, wie Sie die Ziele und Prinzipien in ihrer Geschäftstätigkeit umsetzen.

Wie können Unternehmen die drei Säulen der Nachhaltigkeit in der Praxis nutzen?

Auch Unternehmen, die nicht dem UN Global Compact beitreten, können das Drei-Säulen-Modell nutzen, um Nachhaltigkeitsziele zu bestimmen oder eine Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten. Bestehen bereits unternehmensinterne Richtlinien, kann es sich lohnen, sie mit den Leitlinien des Modells abzugleichen und zu bewerten, ob sie allen drei Dimensionen gerecht werden.

Mehr zum Thema Nachhaltigkeitsstrategie für Unternehmen lesen Sie in diesem Artikel: „Nachhaltige Unternehmen: In fünf Phasen zur eigenen Nachhaltigkeitsstrategie“.

Auch bei der Gestaltung neuer Produkte und Projekte kann das Drei-Säulen-Modell dabei unterstützen, die Nachhaltigkeit im Blick zu behalten. Das gilt selbst für kleinere Projekte wie die Organisation einer Firmenweihnachtsfeier.

Das 3-Säulen-Modell in der Praxis: Tipps für jede Dimension

Im Folgenden zeigen wir Ihnen wichtige Aspekte ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Wenn Sie Projekt- oder Produktideen entwickeln bzw. überprüfen oder Ihr Unternehmen insgesamt nachhaltiger gestalten wollen, prüfen Sie, wo Sie in den jeweiligen Bereichen stehen und ob Sie ggf. etwas verändern können.

Ökologische Nachhaltigkeit: Wie Ihr Unternehmen die Umwelt schützen kann

  • Energieverbrauch: Wie viel Energie verbraucht Ihr Unternehmen/Projekt? Lässt sich der Verbrauch reduzieren und wenn ja, wie? Können Sie auf Ökostrom umsteigen? Auch viele kleine Anpassungen können in der Summe einen großen Unterschied bewirken.
  • Stromerzeugung: Viele Unternehmen decken bereits einen Teil ihres Energiebedarfs durch Solar- oder Windkraftanlagen – vielleicht könnte das ein Teil Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie werden?
  • Wasserverbrauch: Wasser wird immer knapper – wie können Sie in Ihrem Unternehmen Wasser sparen oder sicherstellen, dass möglichst viel Abwasser wiederverwertet wird?
  • Abfallmanagement: Müllvermeidung und Recycling sind wichtige Aspekte ökologischer Nachhaltigkeit. Wie können Sie in Ihrem Unternehmensalltag Abfall reduzieren? Können Sie zum Beispiel auf papierloses Arbeiten umstellen oder Einwegbecher aus dem Büro verbannen? Bieten Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, Papier-, Plastik- oder ggf. Speiseabfälle korrekt zu trennen?
  • Emissionen: Welche Ihrer Produkte verursachen am meisten schädliche Emissionen? Gibt es Einsparpotenziale? Können Sie Ihre Fahrzeugflotte auf E-Autos umstellen oder Flugreisen vermeiden?
  • Reparierbarkeit: Wenn Sie langlebige Produkte herstellen, die sich reparieren lassen, vermeiden Sie langfristig jede Menge Müll.
  • Chemikalien/Gesundheitsschutz: Auch der sparsame Einsatz von Chemikalien gehört zur ökologischen Nachhaltigkeit. Gibt es natürliche Rohstoffe, die gängige Materialien ersetzen können und nicht belastet sind?
  • Ressourcen: Wie kann Ihr Unternehmen dazu beitragen, dass Ressourcen geschont werden? Können Sie Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft verwenden?

Soziale Nachhaltigkeit: Was Ihr Unternehmen tun kann

  • Weiterbildung Frau mit BüchernAus- und Weiterbildung bzw. berufliche Weiterentwicklung: Bieten Sie Ihrem Team Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung und können Sie Ideen zur Effizienzsteigerung des Unternehmens beitragen?
  • Faire Bezahlung: Mit einer gerechten Bezahlung sorgen Sie für die Existenzsicherung Ihrer Mitarbeiter, aber auch dafür, dass sie Ihrem Unternehmen lange treu bleiben und gute Arbeit leisten.
  • Chancengleichheit und Gendergerechtigkeit: Allen Geschlechtern die gleichen Chancen zu bieten, ist auch mit Hinblick auf nachhaltiges Wirtschaften besonders wichtig.
  • Teilhabe: Auch Menschen mit Behinderung die Teilhabe zu ermöglichen, ist ein Aspekt sozialer Nachhaltigkeit.
  • Förderung von Arbeitnehmerinteressen: Ermöglichen Sie die Bildung eines Betriebsrats und setzen Sie sich für die Interessen Ihrer Mitarbeiter ein?
  • Arbeitsschutz: Wie können Sie die Sicherheit und Gesundheit Ihrer Mitarbeiter schützen? Zum Beispiel mit Betriebssport oder hochwertiger Büroausstattung?
  • Keine Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Ausbeutung: Das sollte selbstverständlich sein. Doch vor allem für Unternehmen mit internationalen Lieferketten ist es nicht immer einfach, Ausbeutung bei Zulieferern auszuschließen. Verpflichten Ihre Lieferanten sich dazu, Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten? Können Sie ggf. mit anderen Lieferanten zusammenarbeiten?
  • Gemeinwohlorientierung: Können Sie außerhalb Ihrer Geschäftstätigkeit etwas für die Gesellschaft tun, zum Beispiel übrig gebliebene Lebensmittel spenden?

Ökonomische Nachhaltigkeit: So bleiben Sie nachhaltig erfolgreich

  • Geschäftsmodell: Wie zukunftsfähig ist Ihr Geschäftsmodell? Welche Änderungen können Sie vornehmen, um langfristig erfolgreich zu sein?
  • Reinvestition: Welchen Anteil Ihrer Gewinne investieren Sie in moderne und effizienzsteigernde Technologien, die den langfristigen Fortbestandes des Unternehmens sichern? Wo können Sie sich hier noch verbessern?
  • Kosteneffizienz: Investieren Sie in Maßnahmen, die kurzfristig Ihre Gewinne schmälern, Ihre Kosten aber auf lange Sicht senken?
  • Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum: Wie können Sie mit Ihrem Unternehmen dazu beitragen, dass die Wirtschaft (der Region) insgesamt wächst? Können Sie zum Beispiel ausbilden oder mit kleinen Betrieben in der Region zusammenarbeiten?

Nachhaltigkeit: Zulieferer im Blick haben

Denken Sie bei der Nachhaltigkeit Ihrer Produkte und Projekte auch an Ihre Lieferkette: Wenn Ihre Zulieferer Menschenrechte missachten oder bei der Rohstoffgewinnung die Umwelt zerstören, gelten Ihre Produkte streng genommen nicht als nachhaltig. Arbeiten Sie deshalb nach Möglichkeit mit Lieferanten zusammen, die (ebenfalls) hohe Nachhaltigkeitsstandards einhalten. Bei Fair-Trade-Produkten werden die Produzenten angemessen bezahlt und können unter sicheren Bedingungen arbeiten. Meist werden auch hohe Umweltstandards eingehalten.

Lieferkettengesetz: Für eine nachhaltigere Wirtschaft

Buch mit LieferkettengesetzFür mehr soziale und ökologische Nachhaltigkeit auf der ganzen Welt soll das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (Lieferkettengesetz, LKSG) sorgen, dass 2023 in Kraft getreten ist. Es verpflichtet Unternehmen, die in Deutschland mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen, zu überprüfen, wo in ihrer Lieferkette möglicherweise Menschenrechte verletzt werden oder die Umwelt zerstört wird. Die Unternehmen müssen entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese Risiken zu minimieren. Ab 2024 gilt das Gesetz ebenfalls für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Das LKSG erntet allerdings viel Kritik: Menschenrechtsorganisationen gehen die Regulierungen nicht weit genug, während Vertreter der Wirtschaft die Anforderungen für schwer umsetzbar halten und hohe Kosten befürchten.

Die drei Säulen der Nachhaltigkeit: Grenzen und Kritik

Auch wenn die drei Säulen der Nachhaltigkeit sich international als Standard etabliert haben, reißt die Kritik nicht ab. Ökologische Nachhaltigkeit müsse stärker gewichtet werden. Denn: ist der Planet erst einmal zerstört, seien soziale und ökonomische Nachhaltigkeit irrelevant. In einer weiterentwickelten Version des Modells bilden natürliche Ressourcen und das Klima deshalb die Basis.

Andere monieren, das Konzept sei aufgrund internationaler Lieferketten generell nicht umsetzbar. Wieder andere sagen, das Modell sei zu unspezifisch und gebe keine konkreten Schritte vor.

Dennoch gilt: Nachhaltigkeitsmaßnahmen müssen nicht perfekt sein, sie müssen vor allem umgesetzt werden. Ein Unternehmen, das sich in Richtung ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit bewegt, geht den ersten Schritt zu einer nachhaltigeren Zukunft.

Was halten Sie von diesem Nachhaltigkeitsmodell? Haben Sie schon verschiedene Aspekte Ihrer Wertschöpfungskette analysiert und eventuell sogar Änderungen vorgenommen? Schreiben Sie es uns in die Kommentare!

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Bildnachweise

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